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Aufstellungsarbeit, Gewissen und das "ganz normale Leben".

Sich die Freiheit nehmen, glücklich zu sein.

 

Das ist Lebenskunst.

Liebe Freunde, liebe Interessierte an meiner Arbeit,

 

Wie ist eigentlich das „ganz normale Leben“?

 

Ein gutes glückliches Miteinander, wo jeder tut, was er gut kann (man nennt das Arbeit), freundlich ist zu Menschen und Tieren, fair handelt (früher nannte man das „ehrbarer Kaufmann“, es tut gut, diesen Begriff nachzulesen), gern unter Menschen ist oder auch glücklich allein mit sich. Wäre das ein ganz normales Leben?

 

Oder ist es das, was wir heute vermehrt leben? Ein Zuviel an Information, freiwillig konsumiert. Leben über Fernsehen oder andere mediale Zugänge? Angst, Ärger, Sorgen, Probleme als normal empfinden?

 

Bald ist Weihnachten und ist Familienstress normal? Erst der verpflichtende Kaufrausch, dann das in Familie sein müssen. Es ist ja das Fest der Liebe, da macht man das. Das Gewissen zwingt manchen dazu. Das schlechte Gewissen, das sagt, Du darfst nicht fernbleiben und nur an Dich selbst denken! Das gute Gewissen, das sagt, ach Mensch, einmal im Jahr, hab dich nicht so. Ist doch Familie. Und dann hat das Gewissen wieder ein Jahr Ruh.

 

Gewissen ist laut Wikipedia:

"ethisch begründetes Bewusstsein von Gut und Böse.“

Gewissen ist uns innewohnend, angeboren, mitgebracht und anerzogen. In Systemen, egal ob in Familien, in Firmen, in Ländern - immer wirkt Gewissen. 

Ich könnte auch schreiben: Die Seele will lieben. Und recht handeln. So einfach und doch so schwer.

Jetzt wissen wir, dass wir die Welt nicht einfach in ein allgemeingültiges Gut und Böse einteilen können. Diese Herausforderung wird aktuell immer deutlicher. Und doch spürt jeder sein eigenes, auf seinen Werten beruhendes Gewissen. Als eine Art Leitstern, ein Weg, da soll es hingehen, das fühlt sich für mich gut an.

Dieses fühlende Gewissen ist eine der wesentlichen Motivationen meiner Klienten, zu einer Aufstellung zu kommen. Es führt uns zum Schmerz, zum Problem und damit zur Lösung.

 

Mal ein kleines Beispiel zum Gewissen und seiner systemischen Wirkung im ganz normalen Alltag:

Mein mir noch gar nicht so gut bekannter Nachbar hat in einer Art Kaufrausch auf dem Markt zwei Körbe Erdbeeren gekauft und merkt jetzt, ach Gott, das ist zu viel für mich. In dem Moment begegnen wir uns und freundlich schenkt er mir einen Korb der wohlschmeckenden Erdbeeren. Ich mag Erdbeeren, aber gleich einen ganzen Korb? Doch wie nett vom Nachbarn, da kann ich doch nicht nein sagen. Also Dankeschön, Geschenk angenommen und zack, systemisch über Gewissen verbunden. Eine Woche später fahre ich mit meinem Auto im strömenden Regen nach Haus und sehe eben diesen Nachbarn schutzsuchend unter einem Baum stehen. Er winkt mir zu. Bis vor der Erdbeeren-Übergabe hätte ich noch in Gedanken versunken vorbeifahren können, doch nun… Also anhalten und den pitschnassen Nachbarn einsteigen lassen. Und das System mit dem Klebstoff „Gewissen“ bildet und bindet sich fester.

 

Gut erkennen wir die Wirkung des Gewissens, wenn wir etwas tun, was wir gar nicht wollen. Und wir tun es trotzdem. Es wirkt unsichtbar unser Gewissen und macht uns oft unfrei.

 

Man kommt kaum hinaus, oder?

 


Zu einem meiner Aufstellungs-Sonntage kam eine Teilnehmerin, die seit 2012 sich in schwierigen Situationen Lösungen durch Aufstellungen gönnt.

In den letzten Jahren hatte sie mir oft um Feiertage herum in persönlichen Telefonaten von ihrem Leid mit der Familie ihres Schwagers erzählt. Insbesondere das Zusammensein mit der Frau des Schwagers war schwer für sie. Sie waren so verschieden und meine Klientin fühlte sich immer fehl am Platz mit ihrer Art zu sein. Sie hatte ihren Mann schon oft gebeten, die Familie nicht zu Feiertagen einzuladen, aber ihr Mann liebt seinen Bruder und mag gemeinsame Familienfeste. Meine Klientin überlegte ernsthaft über die Feiertage allein Urlaub zu machen, doch da waren ja auch noch ihre Kinder. Sie hatte wirklich ein schlechtes Gewissen, sie liebt ihren Mann und konnte doch nicht anders. 

Also litt sie sich durch Ostern und Weihnachten hindurch.

 

Nun war der Aufstellungssonntag kurz vor Ostern und der Druck erneut groß.

Sie wollte das Thema durch eine Aufstellung lösen. Ich habe immer großen Respekt und auch große Freude an Menschen, die sich um ihre "Belastungen" im Leben kümmern, statt die Schuld im Außen zu suchen. Dieses sich selbst begegnen und sich damit zeigen vor anderen ist mutig. 

Nun gut, es war ihr Thema für diesen Tag. Ich frage ja immer, was der Wunsch ist für eine Aufstellung, was soll im Alltag konkret anders sein. Hier war es leicht: "Eine gute, freundliche Osterzeit miteinander." 

 

Sie wählte aus den Teilnehmern des Seminars einen Stellvertreter für ihren Mann, für Ihren Schwager (es waren Männer im Kurs, was ich immer sehr liebe, denn das eigene Geschlecht stellvertretend zu fühlen, ist immer gut), eine Stellvertreterin für die Schwägerin und eine Stellvertreterin für sich und stellte diese im Raum auf. Aus ihrem Gefühl heraus, wie die Personen zueinanderstanden. Sie zeigte ihre Sicht auf die Beziehung der Beteiligten. Wer steht bei wem in welchem Abstand? Wer schaut wohin? 

Für mich, als die Leiterin der Aufstellung, eine erste Information. Ich entschied, eine stille Aufstellung zu machen. Das heißt niemand der Stellvertreter spricht, doch alle dürfen sich bewegen.

 

Die Stellvertreterin meiner Klientin ging zur Schwägerin und sah sie offen und bereitwillig an. Sie bemühte sich um deren Aufmerksamkeit, doch diese wandte sich ab. Die Stellvertreterin meiner Klientin war erschrocken, überlegte einen Moment und lief dann der Schwägerin hinterher. Diese entzog sich einer direkten Begegnung so sehr, dass sie ins Nebenzimmer ging. Die Männer schauten dem ganzen hilflos und verwundert zu. Der Stellvertreter des Ehemanns ging zu seiner Frau und umarmte diese liebevoll. Man spürte, dass er seine Frau unterstützen und stützen wollte, doch wie nur?

Die ganze Aufstellung zeigte das, was auch in Wirklichkeit geschah. Alle Bemühungen meiner Klientin wurden seitens der Schwägerin nicht angenommen und meine Klientin blieb erschöpft zurück. Lähmung war spürbar.

 

Ich fühlte, dass etwas oder jemand fehlte. Leise sagte ich zu meiner Klientin, die neben mir saß: „Da ist doch noch jemand. Wer ist das nur?

 

Sofort sagte meine Klientin: "Die erste Frau meines Mannes. Sie wohnt in der Nähe und wird von Schwager und Schwägerin an den Feiertagen auch immer besucht."

Ich wählte eine Stellvertreterin für die Ex-Frau des Ehemannes meiner Klientin. Diese sollte sich ihren Platz in diesem System suchen. Sie ging in eine Ecke des Raumes, noch hinter die Stühle der Teilnehmer, wendete allen den Rücken zu und schaute triumphierend über ihre Schulter zu den Beteiligten. Diese bildeten auf Initiative des Ehemannes einen Kreis und legten die Arme umeinander. Sie bildeten eine Einheit.

Doch man sah deutlich wer hier machtvoll in das System wirkte. Aus der Ferne. Ich liess die Stellvertreterin der Ex-Frau auf das Bild der sich umarmenden Personen schauen. Es war zu sehen, sie mochten sich, der Ehemann war ganz innig verbunden mit seiner jetzigen Familie.

An diesem Punkt habe ich die Aufstellung beendet.

Die Teilnehmerin hat mir gestern die Freigabe gegeben, hier über ihren Prozess zu schreiben und auch ein aktuelles Feedback mitgeteilt:

"Die Wirkung der Aufstellung ist nach wie vor wahrlich magisch für mich. Ich bin danach mit einem offenen Gefühl in die Familien Ostertage gegangen. Durch die Aufstellung hatte ich allerdings endlich "festen Boden unter den Füßen" und konnte das Geschehen für mich ganz anders betrachten. Und es war wir ein Zauber, als endlich wie aus dem Nichts die lange gespürte (aber bisher nie gelebte) Verbundenheit mit meiner Schwägerin entstanden ist. Die Familie war vor kurzem erneut zu Besuch und unsere Gespräche werden nach wie vor immer vertrauter. Es ist nun so viel gegenseitiges Vertrauen im Feld, dass ich mich schon auf den nächsten Austausch mit meiner Schwägerin freue. Du glaubst gar nicht, wie groß die Augen von unseren Männern waren, als ich sagte, dass ich mit ihr allein einen Frauenausflug machen möchte. Meinem Mann ist (zumindest habe ich das so gespürt) ein Stein vom Herzen gefallen."

"Es war wie ein Zauber", ist eine schöne Formulierung. Das ist wirklich das Wunder der Aufstellungsarbeit.

Nichts musste mehr "getan" werden, es gab kein Gespräch, keinen Kontakt mit der Ex-Frau. Ich vermute mal, es ist dieses "ertappt" werden und da sind wir wieder beim "Gewissen", das die Lösung brachte. 
Aber das ist reine Spekulation von mir, ich weiß auch nicht, wie Aufstellungen "funktionieren". Ich weiß nur, dass sie funktionieren. 

Die nächste Möglichkeit dazu in der Gruppe im Tagesseminar gibt es am

Sonntag, 29.Oktober 2023 von 10:00 bis 18:00 Uhr in Potsdam. 

Nähere Informationen hier auf meiner Webseite: Tagesseminare - systemische Aufstellungen

Aufstellungen in Einzelarbeit mit mir persönlich in meinen Räumen oder per Zoom jederzeit möglich: Einzelberatung

Ich freue mich, wenn ich Sie ein Stück auf Ihrer Lebensreise begleiten darf. 

#hinzu dem, das Sie glücklich macht. Es ist möglich! 

Ihre Eva Maria Gutt